Infoabend Zukunftsperspektive
15. November 2023Neues Kennenlernformat an der HvB: Infoabend mit Schnupperunterricht
6. Dezember 2023Einen völlig neuartigen Einstieg in die Unterrichtsreihe „Rom zu Zeiten des Prinzipats“, welche mit dem Aufstieg Octavians zum ersten Kaiser Roms beginnt, erlebten Schülerinnen und Schüler des Jahrgangs 10 im Lateinunterricht bei Frau Nies. Dank künstlicher Intelligenz bekamen die Lernenden die Gelegenheit, ein Interview mit dem vielen als „Caesar Augustus“ bekannten Herrscher zu simulieren. Dabei beantwortete die KI in der Rolle Octavians die vielen Fragen der Schülerinnen und Schüler mit einem kurzen, aus der Perspektive des Angesprochenen geschriebenen Fließtext in deutscher Sprache – auf Wunsch aber auch auf Türkisch, Englisch und sogar auf Latein.
So wollten die Lernenden wissen, wie Octavian denn Kaiser geworden sei, fragten nach seinen größten Meilensteinen und der Beziehung zu seinem Volk. Dem antwortete der virtuelle Kaiser unter Verweis auf sein Selbstverständnis als Vaterfigur des römischen Volkes und zählte mit der Pax Augusta, Reformen des Staatswesens und der Beauftragung monumentaler Bauwerke wie dem Tempel des Mars Ultor, dem Mausoleum des Augustus und dem Theater des Marcellus wichtige Leistungen des römischen Kaisers auf. Zudem brachte die KI die Schülerinnen und Schüler auf die Frage nach der Selbstbewertung Octavians als Kaiser zum Schmunzeln, indem sie antwortete: „Als Kaiser würde ich mich als äußerst fähig und erfolgreich bewerten.“
Stutzig wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer allerdings bei Fragen nach den persönlichen Präferenzen des Kaisers. Während die KI hinsichtlich moderner Speisen und Getränke noch darauf verwies, diese als Octavian noch nicht gekannt zu haben, beantwortete sie in selbstbewusstem Tonfall die Frage nach dem Lieblingsauto: „Mein bevorzugtes Automobil ist zweifellos der Rolls-Royce Phantom.“ Als Lieblingslied führte die App einen Song von Lana Del Rey aus dem Jahr 2012 an.
Dementsprechend unterzog der Kurs das gesamte Interview in einem zweiten Schritt einem Faktencheck. Neben den genannten, offensichtlichen Unstimmigkeiten fielen den Schülerinnen und Schülern hierbei auch erfundene „Fakten“ auf, etwa bei der Frage nach der Familie des Kaisers. Außerdem gelang es den Lernenden, mit Hilfe der zur Verfügung stehenden Quellen die Antworten auf ihre Fragen deutlich zu konkretisieren und die Qualität der mit Hilfe der teils schwammig formulierten Antworten gesammelten Informationen zu verbessern. Neben der Arbeit mit dem altertumswissenschaftlichen Fachlexikon „Der kleine Pauly“, dem Lehrbuch „Pontes“, lateinischen Texten Ciceros und Vergils sowie Artikeln aus Fachzeitschriften nutzten die Schülerinnen und Schüler auch die Internetrecherche nach dem Zwei-Quellen-Prinzip. Die Ergebnisse hielt der Kurs auf einem Plakat fest und versah richtige Informationen mit grünen Aufklebern („verum est“), falsche mit roten („falsum est“) und teilkorrekte Ergebnisse mit gelben Zetteln („non omnino verum est“). Die Aufkleber dienten hierbei nicht nur zur Einordnung der Antworten, sondern wurden von den Lernenden zudem mit Korrekturen, Konkretisierungen und ergänzenden Kommentaren sowie jeweils einem Verweis auf die dazugehörige Quelle beschriftet.
Der kritische Umgang mit Texten gilt als eine der Schlüsselkompetenzen, die Schülerinnen und Schüler im Lateinunterricht erwerben. Dementsprechend konnten sich alle Teilnehmenden in den Prozess der Verarbeitung und Bewertung der Informationen einbringen. Am Ende steht die Erkenntnis, dass künstliche Intelligenz auf dem Weg ist, ein Werkzeug mit schier unendlichen Möglichkeiten zu werden, den Gebrauch des menschlichen Verstandes und die kritische Prüfung ihrer Ergebnisse aber nicht ersetzen kann.
Nichtsdestotrotz ermöglichte die Nutzung der KI als Instrument der Kommunikation zwischen dem Damals und Heute den Schülerinnen und Schülern einen spannenden Blickwinkel auf eine der berühmtesten Persönlichkeiten der römischen Antike.